Seit 20 Jahren treffen sich Mehrklassenlehrerinnen und Mehrklassenlehrer jährlich zu ein bis zwei Versammlungen. Regelmässig sind es rund 20 Teilnehmende, um mehrklassenspezifische Anliegen zu diskutieren und auszutauschen. Aktuelle Themen sind die Umsetzung des neuen Volksschulgesetzes wie die Organisation der Blockzeiten oder familienergänzender Strukturen, Englischunterricht altersgemischt, die integrative Schulung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen oder Fragen zu modernen Beurteilungs- oder Unterrichtsformen.
Der Verein ist so lebendig wie eh und je. Die pädagogischen Anliegen der Mitglieder sind so heterogen wie die Zusammensetzung ihrer Schulklassen. Der Erfahrungsaustausch ist entsprechend fruchtbar und immer in gelöster gesellschaftlicher Atmosphäre. Inspirierend ist auch immer der Versammlungsort im Schulzimmer einer Kollegin oder eines Kollegen.
Eine nostalgische Rückblende:
Donnerstag, 29. Oktober 1985, 20 Uhr – Gründungsversammlung im Restaurant «Alpenrösli» auf der Strahlegg – 17 Anwesende aus Auslikon, Bachs, Girenbad, Kyburg, Rifferswil, Reutlingen, Schalchen, Schleinikon, Steg, Turbenthal, Uetzikon und Wald – 13 abgemeldete Interessierte. Diese hatten wohl die Fahrt ins bereits verschneite Tösstal gescheut. Waghalsig war nämlich die Fahrt ohne Winterpneus oder sogar Ketten auf der kurvenreichen Strahleggstrasse.
In der schummerigen Alpenröslistube, wo es nach Stumpen, Erbsensuppe und geräuchertem Speck roch, wurden die Statuten beschlossen, der erste Vorstand gewählt und sogar Sektionen gebildet. Die aktuellen Themen von damals waren die Einführung des Französischunterrichts auf der Mittelstufe, die Schaffung mehrklassenfreundlicher Lehrmittel oder die «neue Besoldungsverordnung», die seither den Status der ständigen Erneuerung innehat. Natürlich wurde die Gründung auch gebührlich mit «Dôle» begossen, was die Rückfahrt im Schneesturm den Berg hinunter eher noch erschwerte. Die Gründungsdokumente können auf www.mlv-zh.ch eingesehen werden.
Am 25. Januar 2006 traf sich wiederum eine Schar Mehrklassenlehrkräfte, um nach einem Diskussionsblock auf das 20-jährige Bestehen des Vereins anzustossen. Mit dabei waren der harte Kern aus den Gründungsjahren, fast der komplette Gründungsvorstand. Mitgefeiert haben aber auch neue Mitglieder, allesamt überzeugte Mehrklassenlehrerinnen und Mehrklassenlehrer. Alle wollen sich auch in Zukunft einerseits für optimale Bedingungen von mehrklassigen Schulen einsetzen, ihre Erfahrungen in altersgemischten Schulformen aber auch für die pädagogische Schulentwicklung im Rahmen des neuen Volksschulgesetzes austauschen und nutzbar machen.
Der Jubiläumsanlass fand mitten in der Stadt Zürich im Schulhaus Schanzengraben statt. Für den Schreibenden trägt dieser Jubiläumsort eine besondere Symbolik. Haben sich altersgemischte Schulformen urbanisiert? Diese finden wir heute nicht mehr nur in abgelegenen kleinen Schulen hinter dem Wald, über den Wolken auf den Bergen. Nicht nur aus organisatorischen (sprich optimaler Bewirtschaftung schwankender SchülerInnenzahlen), sondern aus pädagogischen Gründen entstanden neue Mehrklassenschulen wie die Brühlbergschule in Winterthur (www.schule.bruehlberg.ch), die Gesamtschule in der Höh (www.inderhoeh.ch) oder die Schule Hirzel (www.schulehirzel.ch). Auch verschiedene moderne nichtstaatliche Schulen, die Tagesstrukturen anbieten oder Kinder mit besonderen Bedürfnissen integrieren, arbeiten erfolgreich in altersgemischten Strukturen. Bei der Grundstufe, die zurzeit erprobt wird, ist die Altersdurchmischung ein Pfeiler. Denkt man schon an deren logische Fortsetzung, die altersgemischte Unter- und Mittelstufe?
Diese Beobachtungen können den Schluss zulassen, dass altersdurchmischtes Lernen ein Schlüssel für die aktuelle Schulentwicklung sich zu etablieren beginnt. Schulen mit altersgemischten Klassen haben einen enormen Erfahrungsschatz im Umgang mit Heterogenität. Sie bieten ein optimales Umfeld für die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen.
Am 21. Juni 2006 kehrt der Verein zu den Wurzeln zurück. Eine ungezwungene Zusammenkunft findet auf Tierhag am Schnebelhorn statt, wo bei Speis und Trank Sonnenwende gefeiert und auch Ausserschulisches gepflegt wird. Auch Nichtmitglieder oder Interessierte sind herzlich eingeladen.
Andreas Wetter